Antrag zur Sitzung des Rates am 29.4.2015
Wir beantragen die Verabschiedung nachfolgender Resolution zum geplanten Freihandelsabkommen:
Seit 2013 verhandelt die EU-Kommission mit den USA über ein transatlantisches Freihandels- und Investitionsabkommen „Transatlantic Trade and Investment Partnership“ (TTIP). Ein weiteres Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada – Comprehensive Economic and Trade Agreement (CETA) – wurde zwischen 2009 und 2014 verhandelt und muss durch das EU-Parlament und den Europäischen Rat sowie durch die EU-Mitgliedsstaaten ratifiziert werden. Außerdem wird derzeit ein Abkommen über den Handel mit Dienstleistungen (Trade in Services Agreement, TiSA) verhandelt. Hierunter fallen zahlreiche Vereinbarungen zwischen 23 Parteien, einschließlich den USA und der Europäischen Union, die das Ziel haben, Handelshemmnisse im Dienstleistungssektor zu beseitigen. Diese Verhandlungen werden ohne die notwendige Transparenz gegenüber den Parlamenten und der Öffentlichkeit geführt. Die Geheimhaltung der Verhandlungsdokumente widerspricht demokratischen Prinzipien.
Vor diesem Hintergrund beschließt der Rat der Gemeinde Weyhe:
Die in Verhandlung befindlichen Freihandelslabkommen bergen erhebliche Risiken für die kommunale Selbstverwaltung. Ob Krankenhäuser, Sparkassen oder Müllentsorgung, ob ÖPNV, Trinkwasserversorgung oder Energienetze, ob Bauleitplanung oder Kultureinrichtungen: Es ist zu befürchten, dass CETA, TTIP und TISA die demokratischen Handlungsmöglichkeiten von Kommunen deutlich einschränken und negative Folgen für Sozial-, Gesundheits-, Umwelt- und Verbraucherschutzstandards haben würden. Der Rat der Gemeinde Weyhe fordert deshalb die verantwortlichen Regierungen und Parlamente auf, die Freihandelsabkommen nicht abzuschließen bzw. zu ratifizieren, solange die folgenden grundlegenden Voraussetzungen nicht erfüllt sind:
a) Die Abkommen enthalten Klauseln, die festlegen, dass hinter einen einmal erreichten Stand der Liberalisierung nie wieder zurückgegangen werden darf. Solche Klauseln sind abzulehnen. Es muss sichergestellt werden, dass von einer Mehrheit der Menschen gewollte Rekommunalisierungen auch künftig möglich bleiben. Die kommunale Selbstverwaltung darf nicht zugunsten einzelwirtschaftlicher Interessen und damit zu Lasten der öffentlichen Daseinsvorsorge in Deutschland beeinträchtigt werden.
b) Die Abkommen bestimmen, welche Dienstleistungen von den Kommunen selbst erbracht werden dürfen und welche dem Wettbewerb unterliegen müssen. Dies ist nicht sachgerecht. Die bestehenden Regelungen des nationalen und europäischen Vergabe- und Konzessionsrechts reichen vollständig aus. Die politischen Gestaltungsmöglichkeiten dürfen nicht noch weiter beschnitten werden.
c) Die geplanten Investitionsschutzregelungen werden voraussichtlich dazu führen, dass die Entscheidungsfreiheit der Kommunen eingeschränkt wird, weil sie Schadensersatzansprüche von Investoren befürchten müssen. Bei TTIP und CETA sollen internationale Konzerne ein Sonderklagerecht gegen Gesetze und kommunale Beschlüsse erhalten, die vor privaten Schiedsgerichten verhandelt werden. Dies ist abzulehnen. Stattdessen soll für Investoren ausschließlich der demokratisch legitimierte Rechtsschutz nationaler und europäischer Gerichte gelten.
d) Der Abbau von Handelshemmnissen darf nicht zu einer Absenkung bestehender Standards führen. Das Vorsorgeprinzip als grundsätzliches Prinzip im europäischen Verbraucher-, Umwelt- und Gesundheitsschutz muss uneingeschränkt erhalten bleiben.
SPD-Fraktion Frank Seidel Kleiberweg 1d 28844 Weyhe | CDU-Fraktion Dietrich Struthoff Leester Straße 51 28844 Weyhe | Fraktion Bündnis 90/ Die Grünen Elmar Könemund Am Schütting 4 28844 Weyhe |
Der Antrag wurde mit zwei Gegenstimmen der FDP angenommen.